Samstag, 8. Januar 2011

4. Lukas Podolski - Aufnahmen mit viel Haut

Neben der Malerei umtrieb mich auch stets der künstlerische Bereich der Photographie als große Passion. Wirklich. Gemälde und Photos sind mein Leben. Nicht selten kommt es vor, dass Freunde mich ermahnen, während eines gemütlichen Phernsehabends nicht ständig von Paul Klee oder, hier, einem dieser berühmten Photographen, die man so kennt, zu schwadronieren. So ist das nun einmal, wenn das Herz für gewisse Dinge ganz besonders schlägt. Dann kann man gar nicht mehr aufhören, davon zu reden. Ausgenommen die Zirkulation des Blutes. Das Thema ist ziemlich durch.

Im Gegensatz zu dem bisherigen Vorgehen, eines oder mehrere Werke eines bestimmten Künstlers zu besprechen, möchte ich mich für den Lichtbildbereich vielmehr auf ein bestimmtes, wiederkehrendes Motiv fokussieren. Für den heutigen Beitrag soll es um eine der großen deutschen, na ja, Persönlichkeiten der Moderne gehen, welche in den vergangenen Jahren oftmals das Blitzlichtgewitter geradezu magisch angezogen hat: Lukas Podolski.



Diese unbenannte Aufnahme unbekannter Herkunft zeigt Podolski in einer für ihn äußerst typischen Pose. Der im Angriff des regional recht bekannten Karnevalvereins 1. FC Köln spielende Fußballer zeigt hierbei seinen Gegenspielern unverhohlen "wo der Frosch die Locken hat". Die geballte Kampfbereitschaft und Angriffslust, symbolisiert durch die geballten Fäuste, vermitteln ständige Gefahr im Strafraum und legen auch das zentrale Leitmotiv für Podolskis Leben offen: Ball!
Doch nicht nur die Fäuste stechen bei der Betrachtung ins Auge, auch die getragene Kleidung und der Schmuck geben tiefe Einblicke in das Wesen Podolskis. Der blanke Oberkörper beispielsweise stellt neben den Fäusten einen weiteren Verweis auf den Boxsport dar, dessen glühender Anhänger Podolski bekannterweise ist.
Auch vor modischen Widersprüchen wird nicht zurückgeschreckt. So werden ein schickes Jackett, eine warme Wollmütze und eine hervorschauende Proletenunterbuxe schamlos miteinander kombiniert, um die Vielschichtigkeit der Person Podolski hinreichend zu reflektieren.
Zu guter Letzt gibt das auffällige Collier mit dem Buchstaben "P", welches Podolski um den Hals trägt, dem Betrachter Rätsel auf. Es könnte für vieles stehen. Für den Nachnamen der abgelichteten Person etwa, für "Paß", von denen er einen deutschen und einen polnischen, sowie einen sehr genauen in die Tiefe des Strafraumes hat. Weitere Möglichkeiten sind "Pille" (Fußballerjargon für Ball), "Persönlichkeit" (welche er wie eingangs erwähnt ist und hat) oder "Pengasius", welchen er nebenbei bemerkt einmal in einem Hamburger Spezialitätenrestaurant genoss hat und am nächsten Tag während des Trainings von nichts anderem mehr gesprochen haben soll.



Diese Serienaufnahmen zeigen Lukas Podolski aus einem anderen, privateren Blickwinkel. Es ist nicht der maskuline, einsatzbereite Kämpfer Podolski, es ist der zurückhaltende, fast schüchtern wirkende Privatmensch Lukas, der in einer intimen Situation von Paparazzi überwältigt zu werden scheint. Ungeachtet der schieren Ästhetik seines durchtrainierten Körpers und seiner enormen erotischen Präsenz versucht er sich, als er die Gefahr bemerkt, unverzüglich in einem schwarzen Pulli zu verkriechen. Auch das ist Lukas Podolski. Ein eingerollter Igel, eine Katze unter dem Sofa. Ein Mensch, der sich nicht scheut zuzugeben, dass auch er gerne mal die Geborgenheit der Löffelchenstellung zum Einschlafen braucht.



Podolski wäre nicht Podolski, wenn er nicht, wie für diese rare Farbaufnahme hier, dennoch wieder sein Image als harter Hund pflegen würde. Er präsentiert seine vom öligen Schweiß im Scheinwerferlicht glänzenden Muskelberge, während ihm zwei massive Bälle zwischen den Beinen hängen. Sein ehemaliger Mannschaftskapitän, die Torwartikone Oliver Kahn sagte einst in einem Interview "Eier, wir brauchen Eier!". Es waren diese einfachen Worte, die fortan Podolskis fußballerischen Werdegang mitprägen sollten.
Und so verwundert es auch nicht weiter, dass die hier dargestellten Bälle nicht nur als Symbol für enorme Hoden und somit für konzentrierte Maskulinität stehen, sondern dass diese Bälle zudem tatsächlich von seinen natürlichen Hoden angehoben werden, was erst bei genauerer Betrachtung deutlich wird, da seine abermals eine Faust formenden Hände dieses Prozedere verdecken.
Weiterhin scheint neben seinem Kopf ein Fleischerhaken eine wichtige Rolle bei der Komposition dieser Photographie einzunehmen. Hängt er daran gar seine (sportlichen) Opfer auf, nach dem er sie ohnmächtig gedribbelt hat? Kahn muss die Brust vor Stolz nahezu platzen, wenn er heute sieht, was seine Worte bewegt haben.



Abschließen möchte ich diesen Beitrag jedoch mit dem anderen Lukas Podolski. Dem Teamplayer. Dem guten Freund und Kameraden. So entstand auch dieses Farbbild mit seinem Nationalmannschaftskollegen Philip Lahm, kurz nach dem verlorenen WM-Halbfinalspiel gegen Spanien aus dem Jahr 2010. Tröstend nimmt er den sichtlich mitgenommenen und aufgelösten Kollegen in den Arm und kann dabei schon wieder lächeln. Er weiß, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt, als einen möglichen Weltmeistertitel. Auch der Philip hat dies kurze Zeit später verstanden.

Freitag, 24. September 2010

3. Fred Schneider - Bilderserie zum Thema Paprika

Allseits beliebtes Objekt, sowohl in der modernen Kunst als auch bei Kleinkindern, denen man das erste mal in ihrem noch so jungen Leben einen Wachsmalstift in die Hand gedrückt hat, ist Gemüse. Gemüse in seinen vielfältigen Ausprägungen bietet eine hervorragende Ausdrucksmöglichkeit für Analogien zum alltäglichen Sein und Nicht-Sein. Eine Kartoffel kann ein Symbol für Stärke sein, eine Tomate kann die Auswirkungen von zu harten Borsten auf das Zahnfleisch abbilden und manch ein Pilz lässt einen gar Dinge assoziieren, die eher in das Schlafgemach gehören.

Der gebürtige Kieler Künstler Fred Schneider wagt sich im Bereich Gemüse jedoch auf unbekanntes Terrain. So galt die Paprika unter ernsthaften Malern lange Zeit als verpönt, wenn nicht gar als Tabu. Die fehlende Grazie einer Artischocke, der Mangel an Stringenz in der Formgebung, die texturlose Oberfläche, all diese Faktoren ließen die Paprika als zu ordinär und zu unbedeutend für die Abbildung auf einer Leinwand erscheinen. Schneider hingegen schafft es in seiner Bilderserie zum Thema Paprika dem sonst so unscheinbaren Gemüse Leben einzuhauchen, gar eine fortlaufende Geschichte zu erzählen, deren poetische Ausmaße nur als episch zu bezeichnen sind.



Das hier zu sehende Gemälde "rote Paprika" gibt das Leitmotiv dieser Serie wieder, indem es die Figur der titelgebenden roten Paprika dem Betrachter einführt. Den letzten Satz habe ich bewusst so geschrieben, damit der Verinnerlichungsprozess deutlich wird. Noch ist nicht auszumachen, welchen Hintergrund diese Paprika hat. Dieser Eindruck wird nicht zuletzt auch durch das gänzliche Weglassens eines gemalten Hintergrundes, wie beispielsweise einen sonst in diesem Genre gängigen Holztisch oder zumindest eine schöne Schale, getragen. Ein Bild, das beim Betrachter mehr Fragen als Antworten aufwirft.



Etwas Licht ins Dunkle bringt nun das Gemälde mit dem bezeichnenden Titel "Paprika". Hier sehen wir die bereits bekannte rote Paprika, die sich anscheinend einer grünen Paprika zu nähern versucht. Letztere liegt flach auf dem, na, wie soll man das nennen, Boden...dem grauen Untergrund da, während die rote Paprika ob dieses Anblickes sich schamvoll abzuwenden versucht. Man spürt geradezu das Knistern zwischen den beiden Gemüsen, doch im selben Augenblick erkennt man auch die Spannungen. So scheint die rote Paprika recht unerfahren im Umgang mit anderen Paprika, mit grünen im Speziellen, zu sein. Bahnt sich hier ein Rassenkonflikt an? Oder geht es vielmehr um unterschiedliche Wertvorstellungen, um zwischenmenschliche Kontraste? Die grüne Paprika macht jedenfalls kein großes Buhei um ihre schlüpfrigen Absichten, während die rote Paprika ein flottes Knickknack mit ihren christlichen Werten und Normen nicht vereinbaren kann.




Die Folgen dieses Konfliktes werden in "rote Paprika Nr.3" Gewissheit. Die rote Paprika ist wieder allein. Doch was besonders beeindruckt ist der Ausdruck des Gemüses. Doch drückt dieser beeindruckende Ausdruck deshalb mehr aus als ein? Keineswegs! Der wahre Hintergrund des ganz offenkundig schockierten Nachtschattengewächses wird erst mit einem Blick auf ein weiteres Gemälde deutlich.



Die flittchenhafte grüne Paprika hat sich nach der abwartenden Haltung der roten also blitzschnell neu orientiert und bereits in Form einer orangen Paprika adäquaten Ersatz gefunden! Und ohne große Umschweife geben sich beide im Bild "Paprika orange und grün" ihrer Wollust hin, während die rote das ganze Spektakel mit ansehen muss. Es soll ihr das Herz brechen.



In Folge dieses Vorfalls beginnt ein schwere Leidenszeit für die rote Paprika. Die Konsequenzen dieser Leidensperiode markiert das unorthodox benannte Gemälde "rote Paprika Nr.2", welches eine deutlich abgemagerte Frucht präsentiert.



Doch Fred Schneider ist nicht ohne Grund als alter Romantiker verschrien. So lernt die nicht nur von Schneider, sondern auch vom Leben gezeichnete rote Paprika im Bild "Spitzpaprika" ein weiteres Gemüse kennen, welches ganz offenbar sehr ähnliche Erfahrungen gemacht haben muss. Die Vorsilbe "Spitz" darf hier auch getrost auf die Folgen der bisherigen Enthaltsamkeit der beiden Gewächse gemünzt werden. Der Beginn einer großen Liebe also? MITNICHTEN!!!



So verenden in dem Bild "Paprika und Gurke" beide Gemüsen fein zerhackt in einem Einmachglas. Im Tode vereint. Was im ersten Moment so hilflos romantisch wirkt, wird im gleichen Atemzuge durch ein Glas grüner Gurken, die genauso gut auch eine merkwürdig geschnittene grüne Paprika darstellen könnten, geschändet. Ein mutmaßlicher Verweis auf die rot-grüne Regierung Gerhard Schröders 1998-2003? Vielleicht. Doch geht es Fred Schneider am Ende nicht um etwas viel größeres als die Politik vergangener Tage? Ich sage ja, denn über allem steht hier immer noch: das Gemüse.

Dienstag, 14. September 2010

2. John Currin - Jaunty and Mame


Hier haben die Frauen sehr große Brüste. Darum geht's ja so oft, in der Kunst wie auch im Leben. Doch zu welchem Preis?

Dieser Frage geht der US-amerikanische Künstler John Currin in seinem hier dargelegten Opus Magnum "Jaunty and Mame" genauer auf den Grund. Finanziell lässt sich die Antwort auf diese Frage zumindest einigermaßen eingrenzen. So gab Busen-OP-Insiderin Sexy Cora im Rahmen des Interviewmagazins "Britt" beim deutschen Privatsender SAT.1 zu Protokoll, für eine Vergrößerung der Oberweite in ähnlichem Umfang wie im Falle von Currins "Jaunty and Mame" insgesamt um die 10.000€ gezahlt zu haben.

Doch geht es Currin nicht um die ökonomische Dimension eines solchen Eingriffs in die natürliche Körperlichkeit. Vielmehr geht es ihm um die Folgen eines post-apokalyptischen Zombieangriffs auf diese sogenannten Busenwunder. Er arbeitet in Form von eitrigen Pusteln und nässenden Quaddeln im Gesicht der beiden sonst doch recht hotten Frauen die Sinnlosigkeit einer Busen-OP in Zeiten ständiger Bedrohungsszenarien durch eine qua nuklearer Verseuchung ausgelösten Untoteninvasion heraus. Die Damen wurden offenkundig gebissen und gehören nun selbst zum Zwischenreich von Sein und Nichtsein, einer Ebene, in der dicke Titten nur von marginaler Bedeutsamkeit sind. Hätte man das Geld ja auch sinnvoller verwenden können, wie beispielsweise für den Bau eines Schutzbunkers. Pech!

Doch legt Currin nicht nur Wert auf die Darstellung der Figuren, neinneinneinNEIN, er versucht zudem eine Geschichte zu erzählen. Achtet man auf die Hände der beiden Zombiebräute, so eröffnet sich dem Betrachter eine völlig klischeebeladene Erzählung über das Leben nach der Katastrophe. War es zuvor eine Selbstverständlichkeit, Büstenhalter in reichhaltiger Anzahl selbst in den aberwitzigsten Größen zu besitzen, so wurden viele von den Dingern während des nuklearen Holocausts vernichtet. Hier versucht Mame mit ein wenig Papiergeld in ihrer tiefen Verzweiflung selbst einen offensichtlich viel zu kleinen BH von Jaunty zu erwerben, welcher diese Anbiederei und Aufdringlichkeit sichtlich zuwider ist. Es wird deutlich, dass beide Frauen die neue Situation noch nicht vollständig verinnerlichen konnten, so dass sie dem Irrglauben aufgesessen sind, Hängebrüste würden ihrer Attraktivität noch zusätzlich abträglich sein. Sie können noch nicht begreifen, dass niemand mehr da ist, der ihnen an die Wäsche will. Unabhängig davon, ob zu dieser Wäsche nun ein BH gehört oder nicht.

Was bleibt ist Currins understatete Darstellung von zwei Zombiefrauen mit riesigen Tüten, denen jedoch der Inhalt fehlt. Das stimmt nachdenklich.

1. Roland Greis - Gemälde von Qiming Zhao: Rosen



Hallo. Roland Greis malt für den oberflächlichen Betrachter gerne einfache Blumenbilder. Doch verdeckt sein eher durchschnittlich wirkendes Talent eine weit tiefergehende Metaebene. Das Bild "Rosen" aus der Gemäldeserie von Qiming Zhao (eine besonders herausfordernde Form des Sudoku) verdeutlicht auf ganz außergewöhnliche Weise die kommunismuskritische Haltung des alten China-Liebhabers Greis, der nebenbei auch ein umwerfender Virtuose des mongolischen Kehlkopfgesanges ist.

So bilden die abgebildeten gelb- und orangefarbenen Rosenblüten die chinesischen Grenzstaaten Russland, Indien und Pakistan, während die roten Blüten unzweifelhaft das sozialistische Regime Chinas symbolisieren. Symbolik spielt bei Greis stets eine große Rolle, so dass es dem geneigten Kunstinteressierten bei genauerer Betrachtung auch unweigerlich ins Auge stechen muss, dass die roten Blüten zudem einen schemenhaften Umriss eines kleinen Schweinchens darstellen. Das Schwein, ein aufgrund seiner Dreckspatzigkeit und Fettleibigkeit nicht nur von Muslimen verschmähtes Zuchttier, welches hier dazu genutzt wird, um die Aufmerksamkeit auf die nicht minder verschmähenswerten politischen Zustände in dem von Greis doch sonst so verehrten Staate Chinas zu lenken.

Doch damit nicht genug! Qiming Zhao - was zunächst wie eine ordinäre mandarine Redewendung auf den westlichen Kunstkenner wirken soll, enthält vielmehr zusätzlichen politischen Zündstoff: Qiming, abgeleitet vom deutschen Mundartsbegriff Kimme, was umgangssprachlich vor allem im nordfriesischen Raum auch für den Schließmuskel verwendet wird und Zhao, gesprochen: Sau - was zusammengesetzt somit einen Verweis auf den schmutzigsten Teil des doch sonst schon sehr schmutzigen Schweins markiert. Ein klarer künstlerischer Angriff auf den chinesischen Überwachungsstaat! Und dass sich Zhao auch noch auf Mao reimt, den wohl grausamsten Herrscher, den das ehemalige stolze Kaiserreich China je ertragen musste, ich mein', hallo, ein Zufall ist das ja wohl kaum!

Wenn Google in ferner Zukunft die Zensur auf chinesischem Hoheitsgebiet einstellen sollte, dann darf zweifelsohne davon ausgegangen werden, dass es nicht zuletzt auch ein Verdienst des gleichzeitig so subtilen wie doch auch mutigen Weichzeichners Roland Greis gewesen...sein wird.